EXTRAVAGANTES » INTERVIEWS » Interview Markus Brier
„Der Zugang muß für Kinder und Jugendliche viel einfacher werden“
Markus Brier, von seinen Fans liebevoll „Maudi“ genannt, ist schon seit Jahren das österreichische Aushängeschild im Golfsport. Brier, 41 Jahre alt, konnte bereits zwei Turniere der European Tour gewinnen und hat schon mehr als 3,8 Millionen Euro an Preisgeld verdient. Nachdem die Saison 2010 für ihn nicht nach Wunsch verlief (Brier musste in die Q-School, um sich seine Tourkarte zu sichern), fand er schon Anfang 2011 seine Form wieder, was ein 8. Platz in Südafrika und ein 3. in Qatar belegen. EXTRAGolf bat Markus Brier zum Interview in den GC Wien, wo er 1989 Clubmeister war. „Ich war nur zwei mal Clubmeister – einmal im GC Hainburg und einmal im GC Wien. Ich habe bei den Clubmeisterschaften fast nie mitgespielt“, verrät Brier. Noch heute sind Brier und seine Familie Mitglied im GC Wien, „ich spiele hier jedes Jahr ungefähr zwei Runden mit meinem Sohn Constantin“, erzählt Brier.
Der GC Wien-Freudenau als Schauplatz des Interviews – ihr langjähriger Heimatplatz – was für Erinnerungen haben Sie an den Beginn Ihrer Golfzeit?
Hauptsächlich, dass viele Kinder hier waren, was man von der Freudenau gar nicht glaubt. Aufgrund eines Kinderturniers bin ich hier hergekommen – 1979 war das, glaube ich. Das war mehr oder minder der Beginn meiner Golfkarriere. Zuerst habe ich in Hainburg gespielt und ein Jahr in Wr. Neustadt. 1979 gelang mir mit 11 Jahren die große Sensation, ich wurde Clubmeister im GC Hainburg. Das wäre heute nicht mehr möglich – da das Regelwerk damals noch nicht so ausgeprägt war, habe ich von den Damen-Tees gespielt. Mir mussten sie den Titel als Herren-Clubmeister geben, da in der Ausschreibung nicht stand, dass alle von den gleichen Abschlägen spielen müssen. Das ist einer der wenigen Pokale, die ich noch zuhause habe. Herzliche Gratulation zum 3. Platz des Qatar Masters, ihrer 6. Top 3 und 21. Top 10 Platzierung auf der europäischen Tour, der sie seit 2000 angehören. Was hat sich im Gegensatz zu ihrem schlechtesten Tourjahr 2010 verändert? Wenn ich das wüsste [lacht]. Ich treffe den Ball besser, habe mehr Selbstvertrauen, putte besser, alles ist einfach besser. Es ist alles ein bisschen konstanter.
3,8 Millionen Preisgeld auf der European Tour in den letzten 12 Jahren – was für Wünsche haben Sie sich mit diesen Preisgeldern erfüllt?
Wir haben ein schönes Haus, fahren wenn es sich ausgeht auf Urlaub wohin wir wollen, im Prinzip ganz banale Sachen. Irgendwann habe ich mir auch einen gebrauchten Porsche gekauft, von meinem Bruder [lacht]. Was sind Ihre Ziele für die Zukunft? Sind die olympischen Spiele ein großes Ziel von Ihnen? 2016 ist leider ein wenig spät. Seniors Tour möchte ich auf alle Fälle spielen, wenn es mir dann noch Spaß macht. Ich hoffe, dass bis dahin genug nachkommt, damit ich nicht einmal an Olympia denken muss. Dann hätte sich die Sache von selbst erledigt. Bereuen Sie es nicht den Schritt auf die US PGATour
gewagt zu haben? Nein. Sicher nicht! Ich bin nicht der Typ für ein Leben in den USA.
Was ist bzw. was tut die Markus Brier Foundation?
Wir haben drei Punkte/Ziele: Zum einen die Jugendpros, da ich gesehen habe, dass sie sich schwer tun, möchte ich sie unterstützen. Einerseits finanziell, aber auch mit der Erfahrung von mir und Andi [Brier, sein Bruder und Manager]. Das zweite sind die Spitzenamateure, wo man weiß, dass sie Profi werden wollen. Und eben die Kinder, wo wir uns am schwersten tun, da man da viel Manpower braucht. Da hängen wir uns am Schülercup an, wo ich selbst auch ab und zu dabei bin. Wir versuchen auch in die Schulen hineinzukommen, da gibt es zum Beispiel derzeit ein Projekt in Saalfelden. Ich glaube, dass bei den Clubs in Punkto Jugendförderung einiges schief läuft. Der Zugang muss für Kinder und Jugendliche einfach viel einfacher sein!
Was würde Sie nach Ihrer aktiven Laufbahn am meisten reizen? Präsident des ÖGV, ein Job bei der European Tour oder Golfplatzdesigner?
Wenn ich nur diese drei Alternativen hätte, würde ich wohl Golfplatzdesigner wählen [lächelt]. Teile der Foundation sind ein interessanter Aspekt für mich, Förderung und Entwicklung von Spielern. Eher solche Sachen, wo ich direkt mit Spielern arbeiten kann. Ich schließe jedoch den Golf Verband nicht aus. Die Foundation soll zusätzlich zum Verband sein, die Hauptaufgabe bei der Förderung ist beim Verband.
Wie sieht ein normaler Trainingstag von Ihnen aus?
Ich trainiere nach wie vor mit Claude Grenier, für mich der beste Trainer in Österreich. Ich kann mit Claude entweder in Ebreichsdorf oder in Fontana trainieren. Eine halbe Stunde bis Stunde Videoanalyse mit Claude, danach arbeite ich ein bis eineinhalb Stunden daran. Während der Saison arbeite ich weniger an der Technik. Gesamt trainiere ich rund vier bis fünf Stunden. Ich versuche 50% der Zeit auf der Range und 50% der Zeit mit dem kurzen Spiel zu verbringen. Eine Trainingsrunde spiele ich nur ganz selten. Wie lange dauert ihre golflose Zeit, ohne dass Sie einen Schläger in Händen halten? Bei Hobbygolfern dauert diese oft bis zu 5 Monaten?
Wie lange benötigen Sie, wieder in Topform zu spielen und was raten Sie einem Hobbygolfer?
Zwei Wochen sind das Maximum, das sind die zwei Wochen über Weihnachten. Wenn ich drei Wochen gar nichts machen würde, würde ich es spüren. Hobbygolfer sollten nach einer langen Pause auf die Range gehen und nicht auf den Platz und dann noch glauben, dass sie ihr Handicap spielen. Sie sollten zumindest Bewegungs- oder Krafttraining machen, um den Körper geschmeidig zu halten. Ich selbst habe einen Simulator im Keller, wo ich ab und zu Bälle schlagen.
Wie sieht Ihre Vorbereitung/Warm-Up vor Ihrer Turnierrunde aus?
Ich bin normal eine Stunde 15 Minuten vor der Startzeit im Club, umziehen und ein bisschen Gymnastik machen, fünf Minuten. Ich mache in der Früh kein Stretching, da man kalte Muskeln nicht stretchen soll! Wenn man einen kalten Muskel dehnt, kann man ihn nur kaputt machen! Ich fange mit kleinen Wedges und Pitches auf der Range an, Wedge, 7er Eisen, 5er Eisen, 3er Eisen, danach Fairway Holz und Driver und am Schluss Sand Wedges – mit jedem Schläger rund zehn Bälle. Insgesamt 60 bis 80 Bälle. Das dauert eine gute halbe Stunde, danach 20 Minuten putten, fünf Minuten chippen. Ich fange mit langen Putts an und werde dann kürzer. Diesen Rhythmus habe ich seit 15 Jahren, ich bin ein Gewohnheitstier!
Was sind die häufigsten Fehler, die Sie bei Amateuren/Hobbyspielern sehen?
Dass sie aufgeregt sind, man muss sie meistens beruhigen. Meistens sind sie nicht aufgewärmt, oft dürfen sie auch die Driving Range nicht benutzen. Da sage ich ihnen immer, die ersten drei Löcher sollen sie vergessen.
Wie viel kostet ein Jahr auf der European Tour (Flüge, Unterkunft, Caddie, etc.)?
Rein von den Spesen geht unter € 100.000 gar nichts. Nach oben ist das natürlich offen [lacht].
Wie oft machen Sie Mentaltraining? Mit wem und wo?
Nach wie vor mit Kristin [Walzer], jetzt mehr telefonisch als früher. Eher zwischen den Turnieren, wir telefonieren aber während den Turnierrunden auch.
Mit wem spielen Sie gerne Trainingsrunden?
Man geht einfach ans Tee und spielt. Ich spiele meist mit den Österreichern, mit Marcel [Siem] oder Maarten Lafeber. Es ist angenehmer, zu dritt zu spielen.
Wie sieht der Ablauf einer Turnierwoche aus? Anreise? Wieviele Trainingsrunden?
Normalerweise Montag Anreise, außer es ist in Europa wo man leicht hinkommt, dann reise ich Dienstag Früh an. Dienstag Trainingsrunde und Training, Mittwoch ist Pro-Am, wo ich im Moment nicht drinnen bin – somit ist keine Trainingsrunde möglich. Das ist dann ein normaler Trainingstag, wo jedoch nicht an Technik gearbeitet wird.
Wann ist für ein Turnier Nennschluss? Bis wann kann man absagen? Wie erfährt ein Reservist, ob er im Feld ist?
Nennschluss ist zwei Wochen vorher, absagen kann man jederzeit. Nachdem man geentert hat ist die Frage, wie viel man zahlen will. Wenn Du geentert bist und absagst, zahlst Du das Nenngeld [€ 80]. Ab Samstag vor dem Turnier zahlst Du mehr, da gibt es eine Strafe. Wenn man das öfter machen würde, wird die Tour einmal böse und wird sagen, so geht es nicht! Bei einer Verletzung zahlt man nichts!
Wenn man als Reservist ins Feld kommt, erhält man einen Anruf.
Wie viele Bälle brauchen Sie pro Jahr?
Ich weiß es nicht genau, ich würde schätzen rund 50 Dutzend im Jahr.
Wie organisieren Sie Ihr Rückflugticket?
Die Fluglinien werden immer besser, meist kann man es mit einem Anruf organisieren. Es hängt jedoch auch mit der Fluglinie zusammen. Wenn ich es schnell selbst machen kann mache ich es, ansonsten darf es der Andi machen [lacht].
Wie viel Geld bekommt ein Caddy?
Der Caddy ist am Preisgeld beteiligt. Fixum pro Woche ist € 800 bis € 1.000. 10% des Preisgeldes bei einem Sieg, ein geringerer Prozentsatz bei anderen Platzierungen.
Wie lauten Ihre Ziele für die nächsten 5 Jahre?
Ich möchte noch ein paar Saisonen haben wie 2006 bis 2008. Einfach schöne Saisonen, wo es Spaß macht, wo die Erfolge auch passen, wo ich zufrieden bin. Ich möchte auf alle Fälle unbedingt noch einmal einen Turniersieg erleben. Das Masters ist auf alle Fälle ein Lebensziel von mir. Das steht mit anderen Sachen ganz oben, wie auch der Ryder Cup.
Wie wählen Sie Ihr Programm auf der European Tour aus? Nach Plätzen, die Ihnen liegen, nach Preisgeld, nach Anreise? Wie viele Turniere pro Jahr, wie viele hintereinander?
Im Normalfalle Plätze, die mir liegen und die ich mag. Ich versuche, maximal drei Turniere hintereinander zu spielen. Zwei bis drei sind für mich ideal, danach ein oder zwei Wochen Pause. Preisgeld ist das drittwichtigste Thema, das wichtigste ist die Turnierabfolge, danach kommt der Platz. Insgesamt rund 27 Turniere im Jahr.
Rauchen Sie nach wie vor während eines Turniers?
Ja.
Ihre bisher aufregendsten Flightpartner bei einem Event?
Am spannendsten war es sicher mit Tiger. Da interviewen sie Dich schon drei mal vor der Runde und fragen Dich, wie es ist, mit ihm zu spielen. Wenn Du mit den Leuten spielst, die Du sonst nur aus dem Fernsehen kennst, merkst Du, dass sie auch ganz normale Menschen sind.
Verfolgen Sie während einer Runde das Leaderboard?
Wenn ich Zeit habe. Jeder sieht da ein bisschen hin, die Leaderboards sind ja auch sehr groß.
Schauen Sie auch Golf im TV?
Meistens habe ich keine Zeit dazu. Ich verfolge es meist im Internet, wo ich mir die Scores anschaue. Ab und zu schaue ich auf SKY – die amerikanischen Turniere gehen leichter, da schlafen die Kinder dann schon. Untertags ist es schwer für mich.
Haben Sie einen Lieblingsplatz auf der Tour?
Eigentlich nicht, kann man so nicht sagen. Im Moment Qatar [lacht]!
Ihre Top 3 Plätze in Österreich?
Nach wie vor gehört Fontana dazu, einfach von der Qualität her. Schönborn von der spielerischen Seite her. Und der Diamond Country Club.
Ihre Lieblingsurlaubsdestination?
Zuhause [lacht]! Golfurlaub mache ich nicht, Lieblingsdestination im eigentlich Sinn habe ich keine. Im Winter gehe ich Skifahren.
Wie oft wechseln Sie die Griffe? Wie oft den Ball auf der Runde?
Alle 6 bis 9 Löcher wechsle ich den Ball. Im Schnitt brauche ich meist 3 bis 4 Bälle pro Runde. Die Griffe lasse ich alle drei oder vier Monate wechseln. Normalerweise brauche ich zwei Sand Wedges pro Jahr, da sich die einfach abnutzen.
Markus Brier
Geboren am 5. Juli 1968
Pro seit 1995 (Hc +3)
Größte Erfolge:
China Open 2007, Austrian Open 2006 (beides European Tour)
Austrian Open 2002, 2004 (Challenge Tour)
Beste Majorplatzierung: Platz 12 British Open 2007
Bestes Jahr: 2007 mit rund 881.000,– Preisgeld
Markus Briers Ausrüstung:
Driver: Callaway Diablo Octane 8,5°
Hölzer: Callaway Razr Hawk 13°, Callaway Diablo Octane 18°
Eisen: Mizuno MP 63 (3 bis Pitching Wedge)
Wedges: Mizuno MP 11 53° und 58°
Putter: Odyssey White Ice #5
Ball: Titleist ProV1
Handschuh: FootJoy
Schuhe: FootJoy
Regenkleidung: Galvin Green
Kleidung: Galvin Green